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Ergonomie

Entscheidend ist die Sehdistanz

«Wer am Schreibtisch aufrecht sitzt, verspannt sich weniger», sagt Ludwig Tannast, Sportphysiotherapeut an der Hirslanden Klinik Aarau. Ein ergonomisch eingerichteter Arbeitsplatz, Bewegung und Arbeitsunterbrechungen helfen ebenfalls mit, Beschwerden vorzubeugen.

Ludwig Tannast, wenn ich nach Stundenam Bildschirm verspannt in den Feierabend gehe – was habe ich falsch gemacht?
Wahrscheinlich verharrten Sie zu lange ohne Bewegung und Arbeitsunterbrechungen in einer ungünstigen Körperhaltung.

Wie finde ich eine gute Körperhaltung?
Richten Sie sich optimal ein. Zuerst müssen Sie die richtige Position definieren: Setzen Sie sich aufrecht und mit geradem Rücken hin, beide Füsse am Boden, die Unterarme / Ellenbogen auf dem Tisch abgelegt, der Kopf in entspannter Haltung, den Bildschirm und die Tastatur frontal vor sich, die Oberkante 10 cm (eine Handbreite) unterhalb der Augenhöhe. Der Abstand zum Bildschirm, also die Sehdistanz, beträgt gemäss der SUVA-Richtlinien 60 – 80 cm, je nach Bildschirmgrösse.

Und je nach Schriftgrösse?
Nein, es ist gerade andersherum: Passen Sie die Schriftgrösse und Helligkeit der Sehdistanz an, nicht umgekehrt. Und zwar so, dass Sie alles scharf sehen. Sorgen Sie für genügend Helligkeit am Arbeitsplatz. So sind Sie eingerichtet. Und so sollte Ihre Sitzposition dann auch bleiben. Also aufrecht. Idealerweise -blicken Sie dann während der Arbeit nicht ständig auf die Tastatur.

Wenn ich aber von einem Blatt etwas abschreiben muss, nehme ich meinen Blick ohnehin vom Bildschirm weg.
Dann legen Sie Ihre Vorlage nicht auf den Schreibtisch, sondern auf eine schräge Dokumentenablage zwischen Tastatur und Bildschirm. Oder -direkt neben den Bildschirm, auf gleicher Höhe.

Aufrecht zu sitzen ist aber anstrengend.
Nur wenn die Muskulatur von Nacken und Rücken zu schwach ist, empfinden Sie es als anstrengend, Ihren Körper über längere Zeit aufrecht zu halten. Eine jahrelange runde Sitzhaltung führt zu muskulären Verkürzungen der Brustmuskulatur, zu einem Rundrücken und falscher Kopfhaltung mit muskulären Überlastungen der Nackenmuskulatur und längerfristig zu einer abgeschwächten Nacken / Rückenmuskulatur. Übrigens kann eine dauerhaft falsche Haltung vor dem Bildschirm gemäss neuen Studien auch zu einer Verschlechterung des Sehvermögens und damit zu stärkeren Korrekturen der Gläser führen.

Die runde Sitzhaltung schleicht sich im Laufe des Tages fast von alleine ein.
Das geht vielen so. Der Kopf neigt sich langsam nach vorne, weil man so konzentriert in die Arbeit eintaucht oder weil die Sehdistanz zum Bildschirm nicht dem Sehvermögen und den Lichtverhältnissen entspricht. Darum muss die Nackenmuskulatur ständig das Gewicht des Kopfs halten, womöglich stundenlang.

Wie vermeide ich, dass der Kopf sich nach vorne neigt?
Achten Sie immer wieder auf Ihre Sitzhaltung oder korrigieren Sie sich als Arbeitskollegen/-kolleginnen gegenseitig. Treiben Sie Sport und bleiben Sie aktiv. Integrieren Sie Nacken- und Rückenkräftigung sowie Haltungswahrnehmung in Ihr Sportprogramm. Es gibt einfache Übungen mit dem eigenen Körpergewicht oder mit simplen Hilfsmitteln.

Bewegungspausen?
Unbedingt. Neigen Sie jede halbe oder volle Stunde für 10 – 20 Sekunden den Kopf zur Seite und nach vorne und lassen Sie beide Schultern kreisen, die Arme seitlich oder nach vorne schwingen. Oder -stehen Sie auf und holen Sie sich etwas zu trinken. Kein Muskel schätzt es, stundenlang in derselben Stellung zu verharren.

Ausser die Augenmuskulatur, von der bei der Bildschirmarbeit genau das erwartet wird.
Nein, denn ganz ruhig ist das Auge ja nie, auch nicht beim Blick auf den Bildschirm. Selbst wenn sich die Sehdistanz nicht alle paar Sekunden ändert, so -bewegt es sich doch ständig. Für die korrekte Kopfhaltung ist die richtige Sehdistanz aber entscheidend. Für die Augen selber ist nebst einer gut eingestellten Sehstärke ein nicht allzu trockenes Raumklima sehr wichtig. Nimmt beispielsweise die Sehstärke aufgrund trockener Augen ab, dann kann sich die Kopfhaltung wieder ungünstig verändern.

Tragen Sie Brillen oder Linsen?
Beides. In der Sportphysiotherapie bin ich viel in Bewegung und setze gerne Linsen ein. Für Phasen am Bildschirm zu Hause trage ich eine Arbeitsplatzbrille mit Einstärkenglas, die der Sehdistanz angepasst ist.

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