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Optometrie

Myopiemanagement? Wie bitte?

Die schlechte Nachricht: In einer Welt voller Displays wird Kurzsichtigkeit bei Kindern zu einem grossen Problem.
Die gute Nachricht: Ihre Entwicklung lässt sich abbremsen
oder sogar verhindern. Optometrist Markus Rymann weiss, wie.

Markus Rymann, kannst du «Myopiemanagement» so unwissenschaftlich erklären, dass man es versteht?
Ja, sicher. Früher lief es simpel: Kurzsichtigkeit feststellen, Auge ausmessen, passende Brille aufsetzen, fertig. Heute können wir bei Kindern eine Myopie schon erkennen, bevor sie sich anbahnt,
und ihre Entwicklung hemmen oder zum Stillstand bringen.

Und wie funktioniert das?
Wer kurzsichtig ist, hat zu lange Augen. Ein Auge mit minus sechs Dioptrien ist ungefähr zwei Millimeter zu lang gewachsen. Myopie entsteht im Wachstum, also etwa zwischen 5 und 16 Jahren.

Dioptrie ist die Masseinheit für das Sehvermögen?
Richtig, oder noch genauer: für die Höhe der Korrektur. Ein gesundes fünfjähriges Kind ist ungefähr 0.75 Dioptrien weitsichtig. Wenn wir nun nur 0 Dioptrien messen, deutet das an, dass es wohl früher
oder später in die Kurzsichtigkeit rutscht und eine Sehhilfe brauchen wird. Vor allem, wenn auch andere Umstände dafür sprechen.
Zum Beispiel ständig zu kurze Sehabstände, speziell an Displays
oder beim Lesen.

Was tun, wenn sich eine Myopie abzeichnet?
Man geht sie an, mit speziellen Brillengläsern oder mit Kontaktlinsen. Den grössten Bremseffekt erreicht man mit Ortho-K-Linsen für die Nacht.

Was meinst du mit Bremseffekt?
Die Nachtlinse verlangsamt oder verhindert die Entwicklung einer Myopie. Sie formt auf sanfte Weise das Auge und beeinflusst sein Längenwachstum, bis der Körper ausgewachsen ist.

Einem fünfjährigen Kind setzt du Nachtlinsen ein?
Kaum, im Kleinkindalter wählt man häufig eine Brille mit peripherem Defokus. Sie hält die Entwicklung der Myopie in Schach, bis das Kind reif ist für die Nachtlinse, mit zehn, zwölf Jahren. Dank ihr hat das Kind dann beispielsweise nur minus eine Dioptrie statt minus drei. Das ist wissenschaftlich abgestützt.

Du rätst also Eltern zu einem Sehtest für ihr fünfjähriges Kind ohne Sehprobleme?
Ja. In ein paar Jahren wird sich das als selbstverständliche Prävention etabliert haben. Die WHO schätzt, dass 2050 mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung kurzsichtig ist. Eltern können dazu beitragen, dass ihr Kind nicht dazu gehört. Besonders wenn sie selber Brillen tragen.

Ist Kurzsichtigkeit vererbbar?
Ja. Haben beide Eltern verlängerte Augen, steigt das Risiko bei Kindern um fünfzig Prozent. Hätte man übrigens vor dreissig Jahren Materialien, Technik und Wissen von heute gehabt, dann würden
viele kurzsichtige Erwachsene keine Sehhilfe oder zumindest wesentlich weniger dicke Brillengläser benötigen.

Aber sie müssten Nachtlinsen tragen.
Nein. Ist das Körperwachstum abgeschlossen, wächst auch das Auge nicht mehr weiter. Im Idealfall lässt sich die Myopie bis dann so managen, dass der Teenager ohne Sehhilfe in die Erwachsenenwelt
aufbrechen kann.


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